Dienstag, 9:50 – ich schalte mein zentrales Kommunikationssystem aus. Damit ist nicht mein Kopf gemeint sondern mein Handy.
Kurz davor entstand die Idee. Einmal 24 Stunden ohne dem Ding auskommen, welches mich Tag und Nacht begleitet. 24 Stunden keine Telefonate, keine SMS, kein Facebook und keine Mails. 24 Stunden nicht erreichbar sein. Ist das auszuhalten? Halte ich das aus? Vorausgeschickt muss ich zugeben: ich bin ein Kommunikations-Junkie.
Dienstag, 9:55 – ich schalte das Handy wieder ein. Mir ist eingefallen sicherheitshalber ein paar Menschen zu informieren. Mitunter machen sich meine Mutter oder meine Freundin Sorgen. Unerreichbarkeit ist ja mittlerweile etwas sehr Ungewöhnliches.
Um Punkt 10:00 ist das Handy nun tatsächlich ausgeschaltet. Geschafft! Im ersten Moment entsteht etwas Unruhe, doch dann Erleichterung. Mit der Straßenkarte bewaffnet begebe ich mich ohne Navigation dennoch zielsicher – mit ein paar Orientierungspausen – zu den Ötschergräben.
Zugegeben, es ist ein Urlaubstag. Aber unter normalen Umständen bin ich ja auch an Urlaubstagen erreichbar. Heute nicht.
Nach ein paar Minuten bin ich bereits mitten in der Natur und atemberaubende Aussichten lassen mich in die Tasche greifen. Die Welt gehört doch über Facebook mit diesen eindrucksvollen Bildern konfrontiert. Doch da ist Leere. Ein kurzes unwohles Gefühl überkommt mich. Keine Fotos, kein GPS – was wenn ich den Weg nicht finde? Wie kann ich die Zeit einschätzen? Ich entdecke, dass ich auch keine Uhr mit habe. Dann blicke ich zur Sonne und stelle fest, das ist ein ausreichender Zeitgeber. Gleich darauf ist das merkwürdige Gefühl wieder vergessen, denn die Natur bietet mir immer wieder herrliche Ablenkung.
Am Gipfel bin ich fast alleine, nur der Berg, der Wind und ich – und ein paar andere Ruhesuchende. Kein Vibrieren, kein Läuten, keine Nachrichten. Es ist 14 Uhr und ich genieße es bereits sehr.
Auf der Hütte unterhalb des Gipfels lerne ich Elisabeth kennen. Sie besucht derzeit eine Wildnis Ausbildung. Aus dem Grund spricht sie mich an, denn auf meiner Jacke sind zahlreiche Outdoor Werbeaufdrucke. Sie beschäftigt sich intensiv mit Kräuterkunde und dem Erlebnis Wildnis. Wir wollen Daten austauschen, denn wer weiß, vielleicht ergibt sich einmal eine Möglichkeit zusammenzuarbeiten. Fast entschuldigend sage ich „Sorry kein Handy da“. Nach dem erstaunten Blick kläre ich kurz auf, dass ich kein seltsamer Berg-Yeti bin, der die Errungenschaften der Technik verpönt. Die ganze Gruppe an dem Tisch nickt anerkennend. Eine Wanderin bestätigt mich mit: „Wir hatten in meiner Kindheit nicht einmal Strom zu Hause.“ Also bin ich glücklich über diesen Zuspruch und wir tauschen mit Block und Kugelschreiber unsere Daten aus.
Mein weiterer Weg führt mich über eine schöne saftige Alm. Ich lege mich in die grüne Wiese, zwischen zwei Kuhfladen und genieße die von Kuhglocken begleitete Ruhe.
Dienstag, späterer Nachmittag – ich habe eine Idee. Doch zur Durchführung und zum Besorgen der nötigen Utensilien brauche ich Handy und Internet. Also zücke ich wieder Block und Stift und notiere alles für die Nach-Handy-Freie-Zeit. Ein kurzes Unbehagen kommt wieder auf. Doch auch jetzt vergeht es relativ rasch. Die Sonnenstrahlen und der herrliche Ausblick lassen mich den Nachmittag genießen.
Ich überlege wieder, wie es wäre einen Tag ohne Handy im Büro zu verbringen. Ob das realisierbar ist? Ein Tag ohne Mail und ohne Telefon. Nur zum Aufarbeiten, zum Kreativ sein, zum Nachdenken, zum Erledigen, zum internen Kommunizieren.
Die Sonne zeigt mir, dass es Zeit ist zum Auto zurückzukehren. Der Rückweg zum Hotel ist nun sogar ohne Karte möglich. Ich achte viel mehr auf die Umgebung und nicht auf Google Maps. Ein sehr schöner Rückweg lässt die Zeit bis zum Hotel rasch vergehen.
Kurz am Zimmer verlangt es mich wieder nach Kommunikation. Ich möchte irgendwen über meinen schönen Tag informieren. Scheinbar reicht es mir nicht nur selbst froh darüber zu sein. Ich schüttle den Kopf und gehe Essen. Gut genährt ergibt sich nach dem Essen ein Gespräch mit Andreas, einem deutschen Gast aus der Nähe von Köln. Wir reden über dies und das und auch über die vergangene Sommerolympiade und deren Abschlussfeier. Leider fällt uns der Name eines Musikers nicht ein und schon zückt Andreas sein Handy. Ich schreite ein! „Lass das bitte, es muss doch eine andere Möglichkeit geben“. Da er von meinem Selbstversuch weiß, lenkt er ein. Wir suchen eine Zeitschrift. Und tatsächlich steht es in der Zeitung. Glücklich über diesen Informationserfolg ohne zu googeln trinken wir noch ein Bier.
Mittwoch, 8:00 – kein MP3 Musik Wecker vom iPhone. Die Mariazeller Bahn vor dem Fenster weckt mich. Wieder ein herrlicher Sonnentag. Unter der Dusche fällt mir plötzlich die Veranstaltung am Samstag ein. Wie viele Anmeldungen sind schon da? Werden genug Leute kommen? Wo bekomme ich noch so rasch alle Utensilien die mir eingefallen sind her?
Das Frühstück ruft und lenkt mich wieder von meinen Gedanken ab. Ich beschließe zum Abschluss wieder auf die Alm zu fahren. Dort findet heute ein Almfest statt.
Mittwoch, 10:00 – ich denke mir, ich lass es noch ein wenig ausgeschaltet. Auf der Alm angekommen – ohne Landkarte und ohne GPS fallen einem so viel mehr Dinge auf – schalte ich um 11 Uhr nun doch wieder mein Handy ein…. Kein Empfang!
Also sind mir noch ein paar Stunden ohne Kommunikation, ohne Mail und ohne Facebook auf der Alm geschenkt. So soll es wohl sein. Aber ich freue mich schon sehr wieder mit meiner Partnerin zu sprechen. Aber das geht ja Gott sei Dank auch ohne Handy.
Das waren jetzt nur 24 Stunden. Ich muss zugeben, dass ich es sehr genossen habe. Ich empfehle es wirklich jedem, 24 Stunden ohne Handy. Vielleicht auch einmal einen Tag im Büro ohne Handy und Internet. Schlagen Sie das dem Chef vor. Aber bitte nicht verraten, dass die Idee von mir kommt ;-).
Das nächste Mal werden es 72 Stunden, 3 Tage. Das ist dann wirklich eine Leistung – Oder?
P.S. Wer die Bilder besonders schön findet, der geht einfach das nächste Mal auf eine unserer Genuss und Fluss Aktivitäten mit. Da werden solche Bilder von der Natur geliefert 😉 -> Fluss und Genuss, Termine sind an der rechten Seite zu finden
Hallo Elisabeth,
vielen Dank für Deine nette Nachricht. Ja es ist nicht einfach sich die Zeit zu nehmen auch einemal nicht verfügbar zu sein – ohne zu raunzen 😉
Deine Ausbildung klingt echt sehr interessant.
Werde mich gerne mit ein paar Ideen an Dich wenden und freue mich auf eine Zusammenarbeit. Vielleicht schaffen wir was…
Liebe Grüße
Peter
Hallo Peter,
ich habe soeben deinen Bericht über deine 24h handyfreie Zeit gelesen. Ich kann dir voll beipflichten! Ich bin beruflich und privat nicht so „wichtig“ um überall und jederzeit erreichbar sein zu müssen. Ausserdem ist mir die Strahlenbelastung viel zu hoch. Was geht, telefoniere ich am Festnetz über ACN. Ich war von Freitag abends bis gestern nachmittags wieder bei meinem Ausbildungsmodul am Hengstpaß im Nationalpark Kalkalpen in OÖ. Es war traumhaft – übrigens gibt es dort keinen Handyempfang. Thema war „Coyote teaching“ – wie man Naturwissen rüberbringt. Es ist genau meines.
Vielleicht machen wir mal was Gemeinsames – würde mich sehr freuen. Ich eh schon fleißig am Planen, da mein Job bald ausläuft.
Was mir auch besonders an deiner HP gefällt – du bietest auch Tanzabende an. Ich gehe seit Okt. des Vorjahres in einen Boogieclub tanzen, wo wir auch alle anderen Tänze und viele Figuren lernen. Oft 3 x in der Woche. Die Wanderung damals war auch mit Freunden aus dem Boogieclub Wachau.
Ich wünsch dir noch viele „strahlenfreie“ Tage (ich bin ein facebook und GPS-Verweigerer) und freu mich von dir zu hören, liebe Grüße
Elisabeth